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Herzstoffwechsel

CPT 1 Hemmung und Herzstoffwechsel

Das Herz verwertet unter normalen Umständen jedes Energiesubstrat, das im Blut vorhanden ist, um Energie in Form von ATP zu gewinnen. Wird die CPT 1 unter dem Einfluss von Etomoxir gehemmt, ist die Verwertung langkettiger Fettsäuren behindert und das Herz verwertet mehr Glukose, Laktat und auch Ketonkörper. Dies entspricht dem von Randle und Mitarbeitern postulierten „Glukose-Fettsäure Zyklus“ (Lancet 1 (1963) 785-789). Es ist eine biochemische Tatsache, dass die Gewinnung gleicher Mengen ATP aus dem oxydativen Abbau der Glukose 13 % weniger Sauerstoff benötigt als aus dem oxydativen Abbau von Fettsäuren. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass unter den meisten pathologischen Umständen, wie Ischämie und Hypoxie, die Verfügbarkeit von Sauerstoff ein limitierender Faktor für das Überleben der Herzmuskelzellen ist, kann man erwarten, dass Etomoxir einen günstigen Effekt bei solchen Zuständen hat. Tatsächlich konnte dies in zahlreichen experimentellen Untersuchungen gezeigt werden (s. Lit. 33; 47; 50; 67). Wenn man außerdem bedenkt, dass Patienten mit Herzschwäche häufig insulinresistent sind und auch dadurch eine erhöhte Fettsäureoxydation vorliegt, kann man in insbesondere diesen Fällen einen therapeutischen Effekt von Etomoxir erwarten.

Unterstützt wird diese Annahme durch eine weitere Beobachtung. Hypoxie führt auch durch Hemmung des Komplex I der Atmungskette zu ernsthaftem Energiedefizit. Dieser Effekt kann zwar teilweise durch die anaerobe ATP Bildung aus α-Ketoglutarat und Aspartat kompensiert werden, jedoch stehen diese Krebszyklus-Metaboliten bei erhöhter Fettsäureoxydation und damit verminderter Glukoseutilization nicht in ausreichender Konzentration zur Verfügung. So kommt es zu einer mitochondrialen Dysfunktion mit oft fatalen Folgen. Auch diese Prozesse könnten durch Etomoxir günstig beeinflusst werden.

Außer der beschriebenen Veränderung der Energiesubstratpräferenz durch Etomoxir – von Fettsäuren zu Glukose – bewirkt Etomoxir noch eine Reihe anderer Metabolitveränderungen in der Zelle, die sich unter Stressbedingungen günstig für das Herz auswirken können. So wird unter Etomoxir das Verhältnis von LCA-CoA/LCA-Carnitin zugunsten des LCA-CoA verschoben und damit einer Akkumulation von LCA-Carnitinen vorgebeugt. Dies kann lebensbedrohliche elektrophysiologische Störungen (Arrythmien) verhindern helfen (s. Lit. 64).

Sowohl bei Herzinsuffizienz, induziert in Tiermodellen als auch im insuffizienten Herzen des Menschen wurden eine Abnahme der Genexpression für die SR Kalzium ATPase und eine Verschiebung der Bildung von schweren α-Myosinketten hin zur ß-Myosin-Isoform beschrieben. Diese molekularen Veränderungen gehen mit einer Verschlechterung der für die Muskelkontraktion wichtigen Kalziumhomöostasie in der Herzmuskelzelle einher. Interessant ist, dass die gleichen Veränderungen, wie im hypertrophierten insuffizienten Herzen auch bei Hyperthyreose und unter hochkalorischer Diät bei Ratten beobachtet wurden. Beides, sowohl die molekularen Veränderungen als auch die Funktionseinschränkung des Herzens konnte durch Etomoxir rückgängig, d.h. normalisiert werden.

Etomoxir scheint den Stoffwechsel des Herzens in gleicher Weise zu verändern, wie der sich durch eine gesteigerte Schilddrüsenfunktion oder eine metabolische (hochkalorische Diät) oder physiologische Belastung (muskuläres Training) verändert. Damit in Übereinstimmung stehen die Befunde, dass Etomoxir bei Ratten zu einer moderaten (ca. 14 % Gewichtszunahme) Herzhypertrophie führt, die nach den hier geschilderten molekularen befunden als „physiologische“ oder „Sport-Herz Hypertrophie“ angesehen werden kann. Zum genauen Verständnis, wie die metabolischen Signale zu den veränderten Genexpressionen führen, sind weitere Untersuchungen notwendig (s. Lit. 95; 101; 102; 103; 131; 134; 136; 149; 167; 189; 203; 215; 216; 226; 261; 311).

Die in der Literatur beschriebenen tierexperimentellen Befunde und insbesondere die ersten positiven Ergebnisse einer ersten Anwendung von Etomoxir bei herzinsuffizienten Patienten (s. Lit. 228), veranlasste die Firma MediGene AG im Jahr 2001 eine erste größere Plazebo-kontrollierte Phase II Studie an herzinsuffizienten Patienten (NYHA II-III) zu starten. Diese Studie wurde nach Auftreten von 4 Fällen mit erhöhten Leberenzymwerten 2002 vorzeitig abgebrochen und die Entwicklung überstürzt eingestellt. Die spätere, alle Fälle umfassende statistische Auswertung konnte keine substanzbedingten signifikanten Leberwerterhöhungen feststellen, so dass man aus heutiger Sicht die berichteten Fälle als zufällig ansehen kann. Im Gegensatz zu der damaligen Firmenverlautbarung wurde, trotz der limitierten Patientenzahlen, die zur Auswertung anstanden, eine tendenziell positive Wirksamkeit festgestellt, einige wünschenswerte metabolische Veränderungen waren sogar signifikant , z. B. die Senkung der Triglyzeride und des LDL-Cholesterols sowie die Erhöhung des HDL-Cholesterols (s. Lit. 319).

Darum ist dem nur zuzustimmen, was Experten auf diesem Gebiet empfehlen, nämlich weitere klinische Untersuchungen mit dieser Art von CPT 1 Hemmern durchzuführen, um dieses neue therapeutische Prinzip einer Langzeitbehandlung der Herzinsuffizienz zu bestätigen oder zu verwerfen (s. Lit. 217; 289; 319; 323).